Kienzl, Wilhelm: Brief an Lili Kienzl. Wien, 17.6.1917
Maries Korb schicke ich nicht. Das ist
erstens zu umständlich, zweitens brauche ich
ihn u. drittens kriegt ihn ja Marie in Aussee
wieder. Sie soll einstweilen einen Koffer
vom Boden für sie nehmen. Nur im äußersten
Notfalle würde ich ihn ihr jetzt schicken.
Das müßte ich aber sogleich wissen.
Ein Mädel zum Schicken nehme ich Dir na-
türlich in Aussee.
Du mußt die Kost bei Dr. Scarpatetti essen, die
Dir vorgesetzt wird; denn es ist eine für Deine
Krankheit (Niere) berechnete Kost, an der
das Wohlschmeckende Nebensache, die Zu-
träglichkeit Hauptsache ist.
Hier wird meine ganze Wäsche nett u. sauber
im Hause geflickt, u. auch die Winterkleider
ließ ich gründlich reparieren.
Bezüglich Jüllig's mußt Du nicht tun,
als ob gar nichts zwischen Euch vorgefallen
wäre. Ein Ausgleich kann vielleicht einmal
erfolgen, aber nur nach langer Zeit u. wenn Du
Dein Verhalten gründlich änderst u. durch die Tat
Deine Sinnesänderung bezeugst. Es sind seinerzeit
allerlei Briefe nach Wien geschrieben worden, die
viel Peinliches u. Kränkendes enthalten haben. Auch von
Marianne ging allerlei aus. Warum dieses Doppelspiel hin-
ter dem Rücken? Ich habe ja meine ernsten Schritte nicht ohne
wirkliche Ursache getan u. genug darunter gelitten. Das
kannst Du Dir doch vorstellen? Sieh' das doch endlich einmal ein! Alles kann gut
werden