KUNSTSTELLE
der Bildungszentrale der sozialdemokra-
tischen Arbeiterpartei Deutschösterreichs
WIEN, 5. BEZIRK, SONNENHOFGASSE 6
POSTSPARKASSENKONTO 151.211/ TELEPHON 5-58
Wien, 7. November 1924
VEREHRTER HERR KRAUS!
Von dem Briefwechsel in Angelegenheit des Israelitischen
Blindeninstituts habe ich jetzt erfahren. Ich habe eine Untersuchung
eingeleitet, von deren Ergebnis Sie in einigen Tagen verständigt wer-
den. Ebenso habe ich eine amtliche Feststellung wegen der Angelegen-
heit der Ausstellung „ Das Wiener Volksstück seit 150 Jahren” im Rat-
haus gefordert. Auch darüber kann ich Ihnen in den nächsten Tagen
Bericht geben. Ich selbst war in den letzten Wochen so sehr von den
privatesten Angelegenheiten erfüllt, dass ich das Rathaus sehr sel-
ten betreten und mich überhaupt nur ganz äusserlich mit meinen
dienstlichen Obliegenheiten beschäftigt habe. Ich will nur hinzu-
fügen, dass ich nur deshalb über das Musikfest noch nicht geschrie-
ben habe, weil eine offizielle Abrechnung noch nicht vorliegt. In
diesem meinem eigenen Bericht werde ich auch, so wie ich es Ihnen
seinerzeit mitteilte, über die Raumbühne sprechen.
Ich sage dies nicht, um Sie etwa wegen Ihres ablehnen-
den Bescheides für den 12. November umzustimmen, dazu wäre es auch
schon zu spät, sondern um nicht den Schein aufkommen zu lassen, als
würde ich mich irgend einer Verpflichtung oder Verantwortung entzie-
hen. Hinzufügen muss ich, dass nach meiner Meinung Ihre Weigerung