Czernin, Ottokar: Brief an Richard Weiskirchner. Wien, 14.4.1917
Mit der gespanntesten Aufmerksamkeit hat die Wiener
Bevölkerung die letzten Aeußerungen unseres Ministers des
Aeußern Grafen Czernin über die Aussichten des Friedens
zur Kenntnis genommen und mit aufrichtigem Danke dürfen
wir feststellen, daß sich die Haltung unserer Regierung
in der Friedensfrage, wie sie in dieser Kundgebung zum Aus-
drucke kommt, vollkommen in Einklang befindet mit den
Wünschen und Hoffnungen der gesamten Bevölkerung. Wir dürfen
noch mehr sagen: diese Auffassung, wie dem völkermordenden
Krieg ein Ende gesetzt werden kann, entspricht auch dem
tiefsten rechtlichen Bewußtsein unserer Mitbürger, die in einer
von den kriegführenden Ländern beschickten Friedenskonferenz
das Mittel sehen, wie den wahren, von den Wünschen der ge-
samten Bevölkerung getragenen Bestrebungen der Staaten
Rechnung getragen werden kann. Auf einer solchen Konferenz
würde man den Opfermut und die Hingebung unserer Völker,
insbesonders unseres deutschen Volkes kennen und verstehen
lernen, wenn man wahrnimmt, daß wir nicht um einer Eroberung
willen, sondern um unsere Existenz und die Sicherung des
Lebens unserer Kinder kämpfen. Und man würde eben deshalb
weil wir nur die Gewähr für unser Leben verlangen, an der
Aufrichtigkeit unserer Friedensbereitschaft nicht mehr
zweifeln können.
Weil unsere Friedensbereitschaft von dem Eroberungs-
willen einzelner nicht gestört wird, wird sie von allen
Schichten der Bevölkerung in gleichem Maße geteilt. Es
gibt bei uns keine Klasse der Bevölkerung, die darin im
Widerspruche mit einer anderen steht; ob Bürger oder Arbeiter -
wir sind darin einig, unser Letztes zu geben für unsere
Freiheit und unser Leben im geliebten Vaterlande, wir sind
aber auch alle darin einig, daß unseren Feinden, sobald sie
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