Felner, Karl von: Brief an Arthur Roessler. o.O., 2.4.1916
KARL VON FELNER
BERLIN-WESTEND
LEISTIKOWSTRASSE 6.
den 2. April 1916.
Mein Lieber,
ich nehme an, dass bei Dir noch alles
beim Alten geblieben ist, d.h. dass Du in Wien bist und dort
Deinen Dienst tust? - Bei mir war einiges anders: ich habe
seit Januar im Teubnerschen Verlage an einem Kriegslexikon
mitgearbeitet; ist gar nicht mein Fall - aber 1000 Mark habe
ich dennoch gebrauchen können. Jetzt bin ich wieder frei und
habe für meine Angelegenheiten Zeit. Darum möchte ich Dich
bitten, mir doch sogleichst mein "Marienkind" zu senden, das
ich in Frankfurt einreichen soll. Mit Kopien bin ich immer
knapp und habe die anderen bereits eingereicht; denn jetzt
kommt die Zeit der Satt sowol für den Weizen als auch für
Gedichte. Wenn sie nur aufgeht! Ich habe bisher immer noch
Missernten gehabt; aber man hat mir dieses Mal allerhand an-
deutet, was werden soll ... Neulich bin ich einen
Nachmittag wieder bei Kayssler in Zehlendorf gewesen; es wa-
ren schöne Stunden. Über die Geyer-Zeit spricht er niemals;
er ist mit seiner Frau bei Meinhard und fühlt sich dort so
wol, wie schon seit 20 Jahren nicht. Was Du mir einmal über
sie gesagt hast, stimmt vollkommen; mit geht sie entsetzlich
auf die Nerven. - Also seid für heute schönstens gegrüsst,
auch von meiner Frau.
Herzlichst Dein KF