Gangl, Josef: Brief an August Sauer. Wien, 4.3.1915
Hochverehrter Herr Hofrat!
Ich war eine längere Zeit krank, hatte mich mit allzu vieler Arbeit verdorben,
arbeitete vor Weihnachten manchmal auch ganz anders als schriftstellerisch bei
einem mir bekannten Geschäftsmanne, hielt es aber doch nicht aus und wurde
krank. Es steht ziemlich schlecht mit dem Herzen, ich gehe gar nicht aus dem Hause bevor
ich noch einmal so etwas mache, gehe ich doch lieber zu Grunde. Es ist halt alles
nur wegen meinem Anhange, ich allein, hätt´s ja niemals irgend welche Sorge.
Vor drei Wochen war ich auf Ihre Ermutigung hin bei Herren von Rittner und
Milencowitsch. Ich darf mir gott sei Dank, nein Ihnen sei Dank doch Hoffnung
auf etwas machen, was uns dann über die Kriegszeit hinüber helfen wird, wenn
ich nicht auch noch mit den Alten auf Grund des Kriegsleistungsgesetzes gemustert werde.
Wenn man die Alle auch mitmustern würde, dann ginge ich ja sehr gerne, aber
was wirds dann mit der Alten? Ne, so oft in zwei oder 3 Stunden wegging,
bekam sie vom Grübeln und Weinen doch immer so einen Anfall, dass ich sie immer
ganz närrisch vorfand, die Anfälle werden ihr nun bald den Rest geben.
Morgen schicke ich wieder eine Arbeit an Herren Thummerer, die erste wird
er ja wohl nicht wollen, sie ist auch gar zu unkriegerisch, jetzt hab' ich eine
lange, lange Arbeit gemacht, die heißt ein "Ein deutscher Sieg". Es wird aber
nicht mit Kanonen geschoßen, es ist mehr ein "Gemütssieg. Wenn ich für diese Arbeit
irgendwo etliche Gulden erzielen könnte! Aber das ist jetzt alles so schwer,
die Post geht auch so langsam das man auch deswegen nicht mehr wie einst hoffen
darf. Es ist gar kein Bedarf mehr nach meinesgleichen in der Welt, weder so noch so.
Verzeihen Sie mir es, dass ich wieder so viel schreib, hochverehrter Herr Hofrat;
von allen anderen hat mir's doch Niemand jemals verziehen, wenn ich einmal
so klagte. Sie verzeihen mir wieder, das weiß ich. Seit Sie krank sind
bin ich's auch mir tut wirklich immer das Herz so weh. Ihr Sie über alles
in der Welt verehrender, nur Ihnen dankschuldiger
Josef Gangl
Wien XIII Pachmanngasse 2.
am 4 März 1915.