Hamann, Elisabeth Margareta: Brief an Andreas Thom. o.O., 6.4.1916
E. M. Hamann
Scheinfeld, Mittelfranken, Bayern
d 6. IV. 16
Hochgeehrter Herr Thom!
Ihr l. Brief an mich datiert vom – 23. Dez. 14! und doch
habe ich seiner - ich glaube - nicht eines Tags vergessen! Er hatte mir näm-
lich ans Herz gerührt, weil ich alte Frau so gut weiß, was es um einsa-
me hochbegabte Menschen ist! - Meine Antwort hat sich deshalb so ver-
spätet, weil ich schwer krank gewesen bin, es damals war, wie Ihr Brief
kam, u. noch lange. Ich habe ein sehr böses Herz - ich meine den großen
Muskel - u. wenn dann noch Komplikationen dazu treten, wird es schlimm.
Als ich mich dann, trotz allem, wieder etwas erholte, standen aufgestaute
Arbeits- u. Korrespondenzberge um mich herum, die noch lange nicht ab-
getragen sind. So komme ich erst heute, Ihnen herzlich zu danken für Ihren
damaligen Brief, der wahrlich sofortige Antwort verdient hätte. - Ich habe für
das Maiheft der "Bergstadt" (Bergstädter Bücherstube) Ihr interessantes Kinder=
bilderbuch angezeigt u. dabei auf Ihre Lindeleid wieder hingewiesen. So
ist mein inniger Wunsch, dass dieses Werk bald geschlossen heraus
kommen kann. In Ihnen steckt ein echter Dichter, und ich meine, auch
ein ganzer, echter Mensch. Ich habe diesen lieb gewonnen beim Lesen
Ihres Buches u. auch Ihres Briefes, der nun wieder vor mir liegt. Man
ist nicht umsonst 62 Jahre alt geworden bei viel, viel Gelegenheit
für Erwerbung von Menschenkenntnis.
Ich hoffe, Sie haben nicht noch hinaus in den Krieg gemußt. Wir brauchen