Hanak, Anton: Brief an Helene Koenig. Winkelsdorf, Landhaus Primavesi, 12.9.1918
Kurze Tage sind es noch die mich von mei=
nem Ziel trennen ~ ,lange Nächte noch d
die mich quälen. Sollen wilde Gewalten mich
dan erfassen oder friedliche Wellen
~ soll
ich rast und ruhelos beginnen. Bezwungen ha=
ben die Gespenster mich, in den Kerker mich
gebannt jetzt soll ich frei werden und ban-
ge vor dem Morgen der mir die Pforten öff=
net. Wer wird mich führen da ich das Gefäng=
niss verlasse, wer wird mir den Weg suchen
helfen. Beginnt nicht ein neues Leben wie
schon oft in meinem Streben? Soll es nicht
mehr aufwärts gehen? Die Fragen hört das
Schicksal nicht, es hat den fertigen Plan und er
läuft von selbst
es hat weder Gnade noch
Mitleid es kennt nur die Gerechtigkeit. 3
Drei Tage noch
~ dan soll ich den weiten
Weg antreten drei Nächte noch und der M
Morgen ist herangebrochen. Sind Pferde vor d
dem Wagen gespannt, dass ich rascher vorwärts kom=
me? Oder muss ich mich wieder selbst vor=
spannen? Wieder frage ich und quäle mein
Herz und soll es längst schon wissen dass mir
niemand Antwort giebt. Auch Du nicht gol-
denes Antlitz? Du bist in Dich gekehrt und
hütest Dein Glück, Du siehst nicht wie ich
angstlich den Morgen erwarte. Die Wolken
ziehen ohne Unterlass verfinstern die Son=
ne
die Tage gehen unter und nehmen m
meine Augen mit. Ob Du mir sie wiedergiebst
goldenes Bild ~ Ob Du nicht mit im Bun=
de bist? Die
letzten Fragen sollen es sein
dan brich h
heran Du Morgen und künde den Weg.
Winkelsdorf 12. September 1918
Landhaus Primavesi.
AH