Grillparzer, Franz: Brief an Theobald von Rizy. Wien, 25.11.1850

IN 36751 am 28 November 850 Lieber dousin Ich sende die hiergeben die beiden Hefte mit Gedichten von weiblicher Hand eigentlich dankbar zurück. Es ist in den­selben besonders in denen, die sich auf die nächsten Verhältnisse der Verfasserin beziehen eine so wahre Empfindung und in vielen Stellen ein so glücklicher Ausdruck, daß man der Dichterie portisch und menschlich den wärmsten Antheil nicht versagen kann. Sollte jedoch des Frage seyn: ob diese Gedichte durch den Druck zu veröffentlichen wären, so könnte ich trotz jems Beifalles doch nicht dezu rathen. Einmal finden sich neben, den erwähnten vielen glücklichen Stellen auch manche vernachläßigte, dann ist jener einige Antheil, der sich zwischen den Menschen und den Dichter theilt, bei einen gleichgiltigen Publikum nicht verauszusetzen. Es ist an das Übertriebene gewohnt und das Wahre gefällt ihm höchstens durch seinen Umfang, selten durch seinen Inhalt. In Freundschaft und Hochachtung Grillparzen