München (Bogenhausen),
28. I. 1914.

Hochverehrte Gnädige Frau!

Sie wissen wie lange ich mit Ihrem Manne
befreundet war, wie wir auch nach unserer
räumlichen Trennung immer unsern Lebens-
gang gegenseitig im Auge behielten, wie wir
immer Gesinnungsgenossen geblieben sind, - Sie
wissen dieß Alles, werden also, auch ohne daß ich
es Ihnen ausdrücklich sage, ermessen wie schmerz-
lich es mich berührte, als ich gestern früh die
Zeitungsnachricht vom Tode meines alten Freundes
Jodl las.
Freilich wußte ich ja, daß er seit Langem ein
aufgegebener Mann war. Sein Herzleiden war
zu rasch und zu weit vorgeschritten, als daß sich
eine nachhaltige Besserung oder ein Stillstand hätte
erwarten lassen. Aber daß es so plötzlich mit ihm