Amira, Karl von: Brief an Margarete Jodl. Bogenhausen, 28.9.1916
können oder auch mehr. Einen ganz jämmerlichen An-
blick gewähren die Hunderte und Tausende von kleinen
Leuten, die stundenlang vor Fleischer- und Käseläden
oder vor Eierverkaufsstätten "schlangenstehen", allemal
paarweis und unter Aufsicht und Kommando von
Schutzmännern, um eine minimale Quantität der
erwünschten Lebensmittel zu ergattern. Die Herrn Beamten
scheinen aber dagegen gleichgiltig. Sie thun sogar noch
ein Übriges, um dem verehrlichen Publiko noch
neue Laufereien und Scherereien zu verursachen,
bis es seine Marken und Bezugsscheine bekommt.
Aber das alles sind ja bekannte Dinge. Und ich
denke, in Wien wird es nicht viel anders gehen.
Wir fretten uns durch mit Geldausgeben und
obligatem Schimpfen, trösten uns aber dann wieder
an dem Gedanken an die Andern, denen es viel
schlechter geht und die schon nicht wissen, woher sie