6. 4. 1918.
Teuerste Mama, seit gestern
Nachmittag hier in dem neuent-
deckten Baum-Retiro, nach einer
gut durchschlafenen Nacht - u.
einem guten Frühstück -
Gerstenkaffee mit Milch - ,
beginne ich mein Frühlings-
tagewerk, in dem ich dir
diese Zeilen schreibe, die dir
mein vollkommenes Wohl-
befinden anzeigen sollen. Ich
sitze in meinem Zimmer,
das Fenster steht offen, u. drau-
ßen in der Frühlingssonne zwit-
schern die Vögel, rauschen die
Bäume, kräht ein ferner
Hahn. Das tut unsäglich wohl
nach all dem abscheulichen,
unnatürlichen Stadtlärm, der
mir in den letzten Wochen
doch sehr auf die etwas geschwäch-
ten Nerven ging. Hier werde
ich mich rasch erholen, bin
schon erholt. Auch die materiel-
len Lebensbedingungen sind

Adresse: Matzleinsdorf bei Melk, Villa Heussen-
stamm