Antropp, Theodor: Brief an Stefan Milow. Wien, 20.11.1914
Wien, 20. November 1914
XV. Märzstraße 5
Hochverehrter Meister!
Das Uebernehmen der vielen Liebesgaben, mit denen ich,
dank der opferwilligen Freundschaft Ihres Sohne Max, zu
meinem fünfzigsten Geburtstag überrascht worden bin, ging
schneller als das Abstoßen der Dankesschulden, und gerade die, denen
man sich zum allgrößten Dank verpflichtet fühlt, müssen am
längsten warten, weil man sich scheut, sie mit den andern in ge-
schäftlicher Eile abzufertigen. Zu diesen wenigen gehören auch
Sie, viel teurer Meister, und was ich Ihnen als Dank zu bieten habe,
ist kaum viel mehr, als die schmucklose Versicherung, daß das mir
überreichte Gedenkalbum keine für mich wertvollere Bereicherung
hätte erfahren können, als durch Ihr Widmungsblatt mit dem freundlichen
Geleitspruch. Das stolze Bewußtsein, daß Oesterreichs lyrischer Altmeister
meinen Jubeltag poetisch verschönt und verklärt hat, wird noch in
meinen Kindern dankbar fortleben. Indem ich Sie und Ihre hochgeschätzte
Frau Gemahlin bitte, auch für den Drahtgruß meinen innigsten Dank
entgegenzunehmen, bin ich mit den besten Wünschen für Ihr Wohlergehen
und mit dem Ausdruck der Genugtuung, Sie meinen wohlgesinnten
Gönner und Ihren Sohn meinen Freund nennen zu dürfen, in auf-
richtiger Verehrung Ihres Wirkens und Wesens
Ihr aufrichtig und hochachtungsvoll ergebener
Antropp