Bach, David: Brief an Arthur Roessler. Wien, 3.11.1920
Arbeiter=Zeitung
Zentralorgan der Sozialdemokratie Deutschösterreichs
Wien V, Rechte Wienzeile Nr. 97
Telephon Nr. 880 und 900
Postsparkassen=Scheck=Konto
Nr. 19.210
Wien, am 3. November 1920
Lieber Kollege,
Sie setzen mich in Verlegenheit. Ich begreife
Ihre Verärgerung vollkommen, aber ich muss Sie
trotzdem bitten, die Dinge nüchtern zu betrachten; ich glaube,
die Objektivität wird Ihnen umso leichter fallen, da auf der
anderen Seite ich stehe, von dessen gutem Willen und Aufrich-
tigkeit Sie wohl überzeugt sind.
Ich habe Ihren Aufsatz über die „Secession“ - abgezählt,
es sind mehr als 300 Druckzeilen! Urteilen Sie selbst,
wann dies je erscheinen könnte. Ein Feuilleton von sieben
Spalten hatten wir nicht seit Jahr und Tag. Andererseits
gefällt mir gerade dieser Aufsatz ausgezeichnet (Sie wissen,
ich pflege sonst sparsamer im Gebrauch von Vocabeln zu sein).
Was also tun? Zurückschicken den Aufsatz will ich nicht, denn
ich will ihn ja haben - und kürzen getrau' ich mich nicht, da
Sie sich dies so kategorisch verbitten. Ich schlage Ihnen also
freundschaftlich vor: gestatten Sie mir einen vom Schluss der
ersten Seite („Der Kunst ist gleich ... ) auf die zweite Seite bis
„Die Sezession hat ...) gehenden Strich - Es bleibt dann noch immer
ein sechs Spalten langes Feuilleton, aber das kann man
Sonntags unterbringen, hoff' ich.
Ferner: an A. M. bin diesmal ich selber schuld,
aber vor allem Sie selbst - Denn es sind jetzt mehr als
14 Tage, dass Sie mir die Wiederaufnahme Ihrer