Dr. Walter Benjamin
Berlin W 15, den 4. Juni 1930
Meinekestr. 9. Gth. II.
Sehr verehrter Herr Krenek,
als ich Mitte des vorigen Monats Ihren
Brief bekam, war Ernst Bloch noch hier. Ich besprach ihn
mit ihm und wir kamen zu dem Ergebnis, es sei das Prak-
tischste, wenn Ihnen Ernst Bloch in Wien mündlich den
Stand der Sache berichten und mit Ihnen über den Weg, der
uns am besten in medias res führen würde, beriete.Inzwi-
schen scheint Ernst Bloch immer noch unterwegs, in Ludwigs-
hafen, soviel ich weiss, zu sein, und darum möchte ich,we-
nigstens provisorisch, Ihre Zeilen im Sinne der Bitte be-
antworten, noch einmal mit Ernst Bloch den ganzen Kom-
plex durchzusprechen. Dass Sie bisher sich kein ausrei-
chendes Bild von meinen Ideen machen können, ist mir ohne
weiteres verständlich. Andererseits besteht für mich eine
gewisse Schwierigkeit,dem fraglichen Gegenstand, der
den Kern meiner Arbeiten und Gedanken in den letzten Jahren
darstellt, mich unmassgeblich und rein experimentierend zu
nähern. Ich glaube: Ohne eine ausgiebige, unmittelbare
gemeinsame Prüfung der Sache werden wir über Präliminarien
nicht hinauskommen. Darum bitte ich Sie, gemeinschaftlich
mit Ernst Bloch noch einmal zu prüfen, welche Erwartungen
Sie an die Arbeit mit mir knüpfen können und demgemäss
mit Ihre praktischen Vorschläge mitzuteilen.
Ich begrüsse Sie mit aufrichtiger Hochschätzung
Ihr sehr ergebener
Walter Benjamin
Berlin W 15, den 4. Juni 1930
Meinekestr. 9. Gth. II.
Sehr verehrter Herr Krenek,
als ich Mitte des vorigen Monats Ihren
Brief bekam, war Ernst Bloch noch hier. Ich besprach ihn
mit ihm und wir kamen zu dem Ergebnis, es sei das Prak-
tischste, wenn Ihnen Ernst Bloch in Wien mündlich den
Stand der Sache berichten und mit Ihnen über den Weg, der
uns am besten in medias res führen würde, beriete.Inzwi-
schen scheint Ernst Bloch immer noch unterwegs, in Ludwigs-
hafen, soviel ich weiss, zu sein, und darum möchte ich,we-
nigstens provisorisch, Ihre Zeilen im Sinne der Bitte be-
antworten, noch einmal mit Ernst Bloch den ganzen Kom-
plex durchzusprechen. Dass Sie bisher sich kein ausrei-
chendes Bild von meinen Ideen machen können, ist mir ohne
weiteres verständlich. Andererseits besteht für mich eine
gewisse Schwierigkeit,dem fraglichen Gegenstand, der
den Kern meiner Arbeiten und Gedanken in den letzten Jahren
darstellt, mich unmassgeblich und rein experimentierend zu
nähern. Ich glaube: Ohne eine ausgiebige, unmittelbare
gemeinsame Prüfung der Sache werden wir über Präliminarien
nicht hinauskommen. Darum bitte ich Sie, gemeinschaftlich
mit Ernst Bloch noch einmal zu prüfen, welche Erwartungen
Sie an die Arbeit mit mir knüpfen können und demgemäss
mit Ihre praktischen Vorschläge mitzuteilen.
Ich begrüsse Sie mit aufrichtiger Hochschätzung
Ihr sehr ergebener
Walter Benjamin