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 Du wirst ausser der Generalprobe wohl noch
 ein oder – mehrere (WIE WAERE DAS SCHOEN!) Or-
 chesterproben haben. Und da möchte ich Dich bit-
 ten, dem Orchester ans Herz zu legen,
 dass es die p und pp besonders beobachtet.
 Bei der Virtuosität mit der sie das spielen,
 ist nichts verlockender, als alle diese melodi-
 schen Nebenstimmen, ja Begleitfiguren recht aus-
 drucksvoll zu spielen, und da ist nichts leich-
 ter als vom p ins mf zu geraten, oder vom
 pp ins mp. Was dadurch,allein für den Sän-
 ger,für eine Gefahr entsteht, brauch ich Dir
 mein Lieber, wohl nicht zu sagen. Ich fürchte
 ohnedies, daß Du vielleicht schon den Eindruck
 hast, daß ich Dir ins Handwerk pfusche. Aber
 andererseits weißt Du, daß ich nicht nur einer
 der vielen Komponisten bin, die nicht dirigieren
 können, sondern auch einer der ganz wenigen, die
 das zugeben.
 Indem ich Dir nochmals für die Ansetzung des
 Wozzeck aus vollstem Herzen danke, schließe ich
 diesen Drei-Wünsche-Brief und grüße Dich und die
 lieben Deinen , auch im Namen meiner Frau, auf
 das Freundschaftlichste ! Dein Alban Berg
Berg, Alban: Brief an Erich Kleiber. Wien, 16.10.1928