Decsey, Ernst: Brief an Adele Strauß. Graz, 20.6.1920
vollenden kann . Unmöglich sogar . Wenn ich ein
wirkliches Strauss-Erlebnis haben will, muss ich
täglich mit dem Material , mit der Luft, mit der Stadt
umgehen.
Esw war vielleicht ein Fehler ,dass ich den Antrag Löbls
ablehnte ,vielleicht wärs die erste Stufe gewesen. Aber,
fragen Sie einmal Weinb. selbst od. Kienzl, ob sie sich
mit 3000 Kr. in Wien hätten verpflichten lassen. Jm
übrigen folge ich meinem Jnstinct, und der hat mir noch
immer Recht gegeben.
Jch wünsche Jhnen ein gutes Buch von Herzen - meins
wird das bestimmt nicht sein - und würde auch Fr. nicht
von Haus aus abweisen : bei diesen Dingen kann man nie
wissen. Fasters Brief ist sehr interessant, und wenn er
noch Material auch schickt, ist er ein Engel. Bitte, em-
pfehlen Sie mich dem Mann gelegentlich.
Seit ich von Wien zurück bin hat mich ein einziger
Mensch in meiner Wohnung aufgesucht, ein Musiker, mit dem
ich über Str. sprechen konnte. Das ist zwar gut für ein
ungestörtes Arbeiten, zeigt Jhnen aber auch die geistige
Vereinsamung, der man hier überliefert ist. Das vergess-
ne Notenblatt bitte aufzuheben Jhrem
Sie verehrungsvoll begrüssenden, für alle
Fleischtöpfe und sonstige Gunstbeweise herzlichst danken
den
Dr.E.D.