Decsey, Ernst: Brief an Wilhelm Kienzl. Graz, 31.3.1914
CHEFREDAKT.
DR. E. DECSEY
(Vertraulich!)
Hochgeehrter, lieber Herr Doctor !
Herr Prof. Wachsmann sendet mir heute einen Brief von Jhnen,
den Sie am 29.d. an ihn geschrieben habn,u.z. des Jnhalts,
dass seine Oper Das Hexlein nicht mehr aufgeführt werden kann
weil die zweite Vorstellung zu wenig besucht war und die ungünsti-
ge Kritik der Tagespost die Theaterleitung entmuthigt habe.
Wachsmann schickt mir diesen Brief ohne Commentar,also mit
anklagender Gebärde.
Jch möchte Jhnen nun sagen,dass die Leute bereits nach der
ersten Vorstellung so entmuthigt waren,dass sie die zweite
nicht besuchten,bevor noch die Kritik erschien,und dass –
ebenfalls vor der Kritik – die Theaterleitung schon beschloss=
en hatte,das Werk nicht mehr zu geben – weshalb sie sich dann
hinter die Kritik verschanzte : ein bekannter Tric…
Aber selbst,wenn meine ungünstige Kritik das Schicksal des
Werkchens am Gewissen hätte,würde ichs ruhig auf mir sitzen