Eulenberg, Herbert: Brief an Oskar Maurus Fontana. Kaiserswerth, 24.5.1927
KAISERSWERTH AM RHEIN
HAUS FREIHEIT
HE/T den 24. Mai 1927
Lieber Mohr,
Wie freue ich mich mit Ihnen, dass Sie demnächst
eine Schreibmaschine bekommen werden. Denn Ihre Schrift, so eigen-
tümlich und malerisch sie aussehen mag, ist immer ein wenig schwer
zu entziffern. Ich sehe also Ihren ersten brieflichen Maschinen-
geburten mit ungeteilter Freude entgegen.
Leider war es mir nicht möglich, den „kleinen” Umweg
über Wien zu machen, als wir vom heiligen Lande heimkehrten. Wir kamen
wieder in Genua an, vo wo wir ausgefahren waren. Und mussten uns nun,
statt Sie und Wien zu geniessen, mit Stephan Grossman, S.Fischer und
dem grossen Gerhart begnügen. Meine Sommerpläne sind nicht absonder-
lich. Die meiste Zeit werde ich wohl hier zubringen. Abgesehen
von ein paar Abstechern, die ich mit dem Ford nach Eisenach,Hiddensee
und vielleicht auch bis nach Stockholm unternehmen will. Möglicher-
weise erlaube ich mir auch einmal eine Autoreise nach Paris, das
für uns ja nicht allzuweit ist. Lockt es Sie nicht auch einmal
wieder mit der Mohrin an die Seine? Dann müssen Sie unbedingt hier
wieder Aufenthalt nehmen, zumal jetzt auch Schmidtbonn hier in der
Nähe in Godesberg weilt.
Dass Sie über den Roman schreiben wollen, freut
mich sehr. Ein Bühnenbuch der "Industrie" lasse ich Ihnen gleichzeitig
zugehen. Teilen Sie mir bitte einmal mit, was Sie noch in den warmen
Sommermonaten zu machen gedenken, und ob Sie nicht nächsten Januar
mit nach Kairo reisen mögen! Uebrigens trafen wir einen recht ange-
nehmen Fahrtgefährten in der Person des Herrn Deutsch German, der