Brecher, Gustav: Brief an Ernst Krenek. Hamburg, 14.1.1928
unholde Mitglieder hinausgetragen haben
mögen. Deren giebt es natürlich. Im Übrigen
ist es ja nur zu verständlich, daß Sie
nach einem Erfolg der seinesgleichen
sucht, auch solchen Angriffen ausgesetzt
sind. Selbst Rich. Strauss, der gewiss einer
glatten Lebensbahn sich erfreuen konnte,
hat Perioden durchgemacht, in denen er
nicht minder wütenden Angriffen standzu-
halten hatte, als Sie sie jetzt in Wien zu
verzeichnen haben; ich erinnere mich daß
auch gegen ihn ganze Broschüren versandt
wurden, die an seinem Schaffen kein gutes
Haar ließen und ihn als Sittenverderber
Deutschlands anprangerten. (Gern ja stellt
sich das Moralin als Hilfe ein wenn
andere, rein sachlich - künstlerische Kampf-
Mittel nicht als ausreichend erscheinen.)
Wer im großen Stil erfolgreich ist
wie Sie, muss solche, sicher nicht ner-
venberuhigende, Perioden in Kauf nehmen
als selbstverständliche Gegebenheiten
im ganzen Weltgeschehen, auf allen
Gebieten. Der bloß reproduzierende