Brecher, Gustav: Brief an Ernst Krenek. Leipzig, 27.3.1930
Städtische Theater in Leipzig
Der Operndirektor
Fernruf 72041
Leipzig, am 27.März 19 30.
Herrn
Ernst Krenek,
Wien XIII
Eitelbergergasse 13.
Sehr verehrter, lieber Herr Krenek,
ich habe mich enorm über Ihren lieben Brief gefreut
und will nur mit meiner Empfangsbestätigung und meinem herzli-
chen Dank nicht bis zu meinem nächsten Telefonanruf warten, der
nach Lage der Dinge nur Sonntag vormittag passend zu bewerkstel-
ligen ist.
Trotz wieder einmal abscheulich gehäufter Krankheits-
fälle in unserem Ensemble - es hatten nicht weniger als vier
Absagen gedroht! - ist auch gestern abend wieder die Aufführung
von „Orest” noch glücklich vonstatten gegangen, ja eigentlich
sogar merkwürdigerweise ganz besonders gut und flüssig,(bis auf
den Hirten, der von einem der Straßensänger rasch hatte über-
nommen werden müssen, weil Horand krank ist.) Der Beifall war
für eine Abonnementsvorstellung wieder ungewöhnlich stark und
anhaltend und die Einnahme hervorragend.
Ich hoffe, Sie bald wieder am Telefon zu sprechen und
begrüße Sie und Ihre Gattin aufs herzlichste.
Stets Ihr ganz ergebener
Brecher
NB. Meine Frau ist gestern
nach Palermo gereist.