Städtische Theater in Leipzig
Der Operndirektor
Fernruf 72041
Leipzig, am 25. Feb. 19 28.
- 2 -
ses Projekt bei nächster Gelegenheit durchzuführen.
Die Oper von Weill war für mich sehr lehrreich. Ich
habe gesehen, daß rein realistische Konversationsprosa unbe-
dingt dadurch leidet, wenn sie instrumental irgendwie strenger
gebunden wird. Der amüsante Sketsch von Kaiser würde ohne Mu-
sik viel stärker wirken, weil dreimal so rasch vorübergleiten.
Für derlei müßte eine unserem Zeitgefühl entsprechende und für
uns klanglich mögliche Art von Secco-Rezitative noch gefunden
werden. Auch das „Intermezzo” von Strauß krankt ja schon daran,
daß man Worte und Orchester nicht gleichzeitig verfolgen kann.
Insofern kann man beinahe sagen, daß die von Weill zum Kaiser
hinzugetane Musik die Gesamtwirkung mehr geschädigt als ge-
fördert hat, umsomehr, als sie nur an wenigen Stellen Eigen-
werte entwickelt und keinen Ersatz bietet für die Fesselung
teils und für die Beschwerung des sprachlichen Ablaufs. Inwie-
weit der recht starke Premierenerfolg des Werkes maßgebend war,
wird der Kassenrapport der Wiederholungen ausweisen, den ich
auch in künstlerischer Beziehung stets für aufschlußreich halte.
Mit meinen herzlichen Grüßen x und bitte auch meinen
freundlichen Empfehlungen an Fräulein Hermann
stets der Ihre
Brecher
x
auch von meiner Frau
Der Operndirektor
Fernruf 72041
Leipzig, am 25. Feb. 19 28.
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ses Projekt bei nächster Gelegenheit durchzuführen.
Die Oper von Weill war für mich sehr lehrreich. Ich
habe gesehen, daß rein realistische Konversationsprosa unbe-
dingt dadurch leidet, wenn sie instrumental irgendwie strenger
gebunden wird. Der amüsante Sketsch von Kaiser würde ohne Mu-
sik viel stärker wirken, weil dreimal so rasch vorübergleiten.
Für derlei müßte eine unserem Zeitgefühl entsprechende und für
uns klanglich mögliche Art von Secco-Rezitative noch gefunden
werden. Auch das „Intermezzo” von Strauß krankt ja schon daran,
daß man Worte und Orchester nicht gleichzeitig verfolgen kann.
Insofern kann man beinahe sagen, daß die von Weill zum Kaiser
hinzugetane Musik die Gesamtwirkung mehr geschädigt als ge-
fördert hat, umsomehr, als sie nur an wenigen Stellen Eigen-
werte entwickelt und keinen Ersatz bietet für die Fesselung
teils und für die Beschwerung des sprachlichen Ablaufs. Inwie-
weit der recht starke Premierenerfolg des Werkes maßgebend war,
wird der Kassenrapport der Wiederholungen ausweisen, den ich
auch in künstlerischer Beziehung stets für aufschlußreich halte.
Mit meinen herzlichen Grüßen x und bitte auch meinen
freundlichen Empfehlungen an Fräulein Hermann
stets der Ihre
Brecher
x
auch von meiner Frau