Felner, Karl von: Brief an Arthur Roessler. Berlin, 12.12.1914
KARL VON FELNER
BERLIN-WESTEND
LEISTIKOWSTRASSE 6
TEL. WILH. 4074
den 12. Dzb. 1914.
Mein Lieber,
über die Weltdinge zu reden ist über-
flüssig: die kennt jeder ohnehin. Vielen bleibt auch Persön-
liches mehr als genug, und von dem Meinigen erzähle ich
Dir.
Vier Wochen wollte ich zur Sommerfrische bleiben, und nach
genau 5 Monaten bin ich am 8. Dzb. hierher zurückgekehrt.
Hier die ganze Kette der Vorkommnisse:
Am 8. Juli fuhr ich mit Frau u. Kindern nach Sterzing.
Am 25. Juli erkrankte meine Frau an Mittelohrentzün-
dung. Wir raschest zum Spezialisten nach München, die Opera-
tion konnte noch glücklich vermieden werden. Dann während
des ersten Kriegstrubels zurück nach Sterzing. Am 20. August
wurde ich einberufen, zu einem Marschbataillon nach Galizien,
kam bis Salzburg, von dort zurück nach Innsbruck ins
Landsturmzeughaus. Anfangs Septb. erkrankte meine
Frau schwer an Typhus. Das dauerte bis Ende Oktober.
Ich wurde meiner Nerven wegen gänzlich vom Militär-
dienste befreit und wir bereiteten die Heimreise nach Berlin
vor. Plötzlich fieberte meine Frau, wir nach Innsbruck
auf die Klinik. Dort wurde meine Frau Ende Novem-
ber operirt: eine eitrige Niere entfernt. Die Operation
verlief glücklich. Ich konnte meine Frau in bester Pflege
zurücklassen und bin mit den Kindern, die 4 Monate Schule
versäumt hatten endlich nach Berlin gereist.