Felner, Karl von: Brief an Arthur Roessler. Berlin, 28.3.1917
Berlin, den 28. März 1917.
Mein Lieber,
Deine Karte nach Drama erhalte ich heute nach
Berlin nachgesandt. Ich bin nämlich Ende Fbr wieder zurück
gekehrt, nachdem ich Ruhr und entsetzliche Nervenzustaände be-
kommen hatte; daraufhin schickte mich der Arzt schleunigst
nach Hause. Ich brauchte lange Zeit, um mich zu erholen und
bin noch immer nicht ganz wie ich sein sein sollte. Erlebt und er-
fahren habe ich trotzdem eine Unmenge und ein ganz neues
Stück Welt gesehen, worüber sich später einmal plaudern las-
sen wird. - Auch in mir erweckte Drama Jugenderinnerungen und
zwar ebenfalls in Form der berüchtigten Zigaretten, die mir
aber vor mehr als 30 Jahren als etwas Schönes erschienen, na-
mentlich am Kloset oder in die geöffnete Ofentüre hineinge-
raucht. Die Zigaretten, die ich dieses Mal in Drama rauchte,
sind das schönste, das es überhaupt an Tabak gibt! -
Du scheinst also wieder Landsturmmann a.D. zu sein; und
wie es Dir ergangen ist, schreibe mir doch recht bald und
ausführlich. Die Post Wien-Berlin geht recht schnell und gut.
Ob ich was in Prosa habe? Nicht viel. Eine lange ern-
ste Sache "Kleist und die neue Sittlichkeit", 25 Maschinen-
seiten; eine meiner besten Sachen. Wenn ich Dir die schicken
soll, wär mirs schon recht. Ich könnte auch das Honorar gebrau-
chen! Im Übrigen arbeite ich jetzt im "Kulturbund", für 300
Mark monatlich, meistens zuhause; dabei an meinen Märchen,
so dass es uns leidlich geht.