Felner, Karl von: Brief an Arthur Roessler. Berlin, 16.3.1918
Berlin, den 16. März 1918.
Mein Lieber,
ich höre wieder nichts mehr von Dir! Und bat Dich
um die Antwort auf einige Fragen. Was ist los mit Dir? Man soll sich
gerade in dieser Zeit nicht so sehr von einander entfernen, denn man
wird ohnehin immer einsamer. - Dass ich in Meiningen und in Bremer-
haven gespielt worden bin, weißt Du wol schon; an beiden Orten das
"Marienkind", an beiden Orten ganz unzureichend: hie Hoftheater, hie
Stadttheater. Hier war ich selbst, dort nicht. Ich möchte aber jetzt
endlich mit was anderem herauskommen. Wenn ein kleines Theil von mir,
"Marienkind", auch noch entstellt, zu sehen war; so lässt das kaum
auf das Ganze schließen. Ich habe wol eine Menge Fäden angeknüpft,
aber Du weißt selbst, wie leicht so was reißt. Und in Wien ist wol
überhaupt kein Boden für mich? Ihr habt traurige Kunstzustände! Das
österreichische Publikum ist überhaupt etwas so Breiiges, Weibisches,
Verlottertes; der Gedanke, je einmal dort wieder ständig sein zu müs-
sen, erregt Erstickungsgefühle in mir. - Ich will zum Theater, nicht
als Schauspieler, sondern Regie und Bühnenbild. Vielleicht beginne ich
bei Kayßler an der Berliner Volksbühne diesen Herbst. Ich bin endlich
im Theater zuhause; und dann muss ich mir was verdienen. Oder, wenns
was wird, gehe ich zu Georg Müller, der zwar tot ist, dessen Verlag
aber in seinem Sinne, hoffentlich bei Vermeidung seiner Fehler, wei-
tergeführt wird. - Anbei ein Wedekindartikel, der mir zwischen Mittag
essen und (Ersatz)-Kaffée abgepresst wurde, um dann noch "umredigiert"
zu werden, - fürs liebe Publikum. Es ist erbärmlich, für diese Tier-
gattung was zu sagen. - Jetzt lass wieder von Dir hören und grüß mir
Deine Frau schönstens. Wie gehts Euch denn?
Herzlichst Dein
KF