Broch, Hermann: Brief an Alban Berg. Wien, 8.8.1933
Wien I. Gonzagagasse 7 - 8. August 1933
HERMANN BROCH
Mein lieber Alban Berg ,
Deine Zeilen erreichten mich hier in Wien. Jch stecke glücklicher-
weise ( nach langer und begreiflicher Stagnation ) nunmehr wieder
so sehr in Arbeit, dass ich das Risiko einer Ortsveränderung nicht
auf mich nehmen kann. Es ist ein Buch, das noch zum Herbst fertig
werden soll, und ehe ich es nicht beendet habe, kann ich nicht
ausspannen. Und vorderhand schliesse ich die Augen vor dem Faktum,
das man wahrscheinlich ins Leere arbeitet.
Jch bin sehr gerührt, dass Du Dich mit meinem Drama so sehr be-
schäftigst. Wie es immer geht, ist es mir schon so ferne gerückt,
dass ich eigentlich kaum mehr eine Verbindung damit habe. Aber
das hindert nicht, dass ich mich aufrichtig freue, wenn es Dir
gefallen sollte.
Darf ich Dir als Sommerlektüre einen Aufsatz aus der Neuen Rund-
schau senden! Als letztes Kind es es mir augenblicklich das wichtigste.
Jch wünsche Dir einen guten und schönen Sommer, bitte Dich, meine
Handküsse zu übermitteln und bin mit einem herzlichen Gruss
Dein ergebener
Her Broch