Franzos, Ottilie: Postkarte an Julius Pée. Wien, 11.1.1927
Wien 4. Starhembergg : 32/13 11. 1. 27.
Verehrter Herr Direktor!
Vielen herzlichen Dank für den „Führer”
und Ihre liebevolle Besprechung. Ich bin
ganz erstaunt, wie leicht mir Ihre
Sprache wird! Ich übersetze frei; „Ganz
zufällig entdeckte ich einen neuen
Druck (neue Auflage.) von einem deutschen
Werk , das vor einem halben Jahrhun-
dert den Namen seines Autors mit
einem Schlag berühmt gemacht und
mich in meiner Jugend entzückt hat.”
Der Schlußsatz, lieber Herr Direk-
tor, bestätigt die Erfahrung meines
ganzen Lebens: immer bin ich über-
schätzt worden. „Da kann man nix
machen” sagt der Wiener. Es ist für
mich sehr schön, daß nun Sie sich auch
anreihen! Und gar erst die Heiratsstelle S. 182
!!!
Geiger's „Frauen” haben Sie wohl
erhalten? Daß seine Witwe im Frühling
plötzlich gestorben ist, habe ich Ihnen
wohl geschrieben. Man mag über
Geiger als Literarhistoriker denken
wie man will , als Mensch war er
einer der liebenswertesten, die
mir je begegnet sind. Auch seine
Frau war durch und durch vornehm.