Friedländer, Alice: Brief an Elise und Helene Richter. Berlin, 9.3.1917
Berlin, 9. März 1917.
Liebe Kinder, ich schreibe im Bett der
Klinik, in der ich vorigen Samstag operirt
worden bin. Die Notwendigkeit eines Ein=
griffes stellte sich kurz nach meinem Brief
an Dich, liebes Elisel, heraus, weil der Professor
den Verdacht hatte, dass es sich um eine
bösartige Sache handelt. Er machte also
eine Auskratzung, aber die mikrosko-
pische Untersuchung ergab, dass es gutar-
tig und eine weitere Operation über=
flüssig sei. Darüber bin ich natürlich
sehr froh, denn Krebs gehört zu den
Todesarten, die mir nicht sympatisch
sind. Das Myömchen soll nun durch Rönt-
genbestrahlung, mit der heute begonnen
wurde, weggebracht werden. Einstweilen
liege ich hier in einem sehr hübschen
freundlichen Zimmer, bekomme viel
[seitlich links = Ende von S.4] heute muss ich schliessen. Seid vielmals umarmt von
Eurer
Alice