Berlin-Dahlem, den 12ten 10 1925.
Miquelstraße 86.
Lieber Freund!
Deinen Brief beantworte ich gleich, da meine
Erwartung, dich in einigen Tagen in Wien zu
sehen, zu Wasser geworden ist - infolge der Verschie-
bung der Premiere meines „Vulkan”.
Mit der Volksbühne ist es nichts, da sie nach
längerem Hin und Her sich mit Rücksicht auf
die Einstudiertheit des „Hauptdarstellers” in der
Morgensternschen Uebersetzung für diese entschieden
hat. Wer dieser Hauptdarsteller ist, ahne ich nicht, bin
aber im Voraus überzeugt, daß er dir nicht die
Schuhriemen wird lösen können. Habeant sibi.
Da du ja nun bald herkommst, so wirst du
die beste Gelegenheit haben, mit anderen Direktio-
nen in dieser Sache Fühlung zu nehmen. Ich kann
vorläufig weiter nichts tun; aber du darfst mir
glauben, daß mir mindestens so viel wie dir
dran liegt, daß du den Peer hier spielst.
Warum er jetzt in Wien nicht gegeben wird,
verstehe ich ebensowenig wie du.
Auf dein Hiersein freuen wir uns sehr. Melde
dich nur gleich telephonisch an, damit wir sofort
ausmachen, wann du gemütlich zu uns kommst
oder wir uns treffen.
Mit herzlichen Grüßen von uns Beiden
dein getreuer
Ludwig Fulda.