Hanak, Anton: Brief an Helene Koenig. Winkelsdorf, Landhaus Primavesi, 9.9.1918
Die schweeren Wolken hängen tief zur Erde
herab, mir klingt es wie eine Drohung ob mei=
ner Unentschlossenheit. Hier soll ich nicht la
länger mehr warten und dulden, Alles muss
sein Ende nehmen. Auch das Sich erholen
aufrichten. Wen auch noch die Sohlen bren=
nen
~ der Kopf schweer ist, wen auch der
Rücken gekrümmt geblieben, auf heisst es
wie am frühen Morgen
,das Tagwerk muss
beginnen. Die schwere Hand soll die Gespenster
wegwischen die um die Stirne lagern, die Au=
genlieder müssen das Licht hereinlassen. Nichts
darf ich liegen lassen Alles aufladen und
weiterziehen. Schweer sind die ersten Schritte
das Aufrechtsein, unüberwindlich dünket d
die frische Morgenluft. Die Sonne sendet
manchmal einen Strahl gleich einem Pfeil, sie
will noch warten bis ich ihrer würdig geworden.
Den Stab habe ich liegen lassen der mich hier=
hergeführt
~ jetzt giebt es kein Zurück, ich
muss ohne Krücke gehen. Recht so ihr guten
Gespenster behaltet ihn und tragt ihn n
nach
reicht mir ihn erst dan wen ich m
mein Werk vollbracht. Legt ihn dan zu den
vielen Lasten die ich tragen musste, deren S
Schweere ich bezwungen. Legt ihn über mei=
nen Körper da er ausgestreckt in der Erde
ruht. Jetzt lasst mich vorwärts gehen, bleibt
mir gnädig wie bisher, lasst mich mit den
Stürmen ziehen die dem Leben begegnen.
Sehet wie mein Auge erglänzt wie sich die
Arme erheben
~, sehet wie ich senkrecht
zum Himmel rage.
AH
Winkelsdorf 9. September 1918
Landhaus Primavesi.