Humperdinck, Engelbert: Postkarte an Wilhelm Kienzl. Berlin-Wannsee, 4.11.1914
II/
ebenfalls ungemein und ist nur geeignet, mich
in meinem Wunsche, in deiner Nähe zu leben,
zu bestärken. In der Tat fände ich nichts erwünschter,
als in Zukunft "gutsnachbarlichen Verkehr
mit dir zu pflegen (wenigstens in der schönen Jahres-
Zeit). Was du von dem Vorzug schreibst, frei an keine
Scholle gebunden zu sein, ist gewiss sehr richtig,
trifft aber auf mich nicht zu, da ich gerade eines
festen Punktes in reizvoller Umgebung bedarf,
um das Reisefieber, das mich in jedem Quartal
aufs neue befällt, zu dämpfen, was hier bei
der Mark Brandenburg, die du ja wohl kennest,
nicht gut denkbar ist. Wenn der derzeitige
Besitzer, wie du schreibst, sich in misslichen
Verhältnissen befindet, so ist ja wohl zu erwarten,
dass er sein Besitztum wieder zu veräussern trachten
wird. Vielleicht konntest du ihm selbst oder durch einen
dritten zu verstehen geben, dass ich unter Umständen
geneigt wäre, ihn von seiner Scholle wieder zu befreien.
Schade, dass ich meinen Plan, dich in Aussee zu
besuchen, wegen der Kriegeswirren nicht ausführen
konnte! Also ein andermal! Herzlichen Gruss Dein alter EHpdk