GEORG JAHODA
WIEN, 18. Oktober 1918
III. HINTERE ZOLLAMTSSTR. 3
TELEPHON 187
Sehr geehrter Herr Kraus !
Der durch die Kartenausgabe hervorgerufene Vorfall
ist allerdings für alle Teile peinlich und wir können insbe-
sonders das Aergernis der Leute ermessen, die ihre Plätze
besetzt fanden, weil es sich auf Karten bezog, welche Sie
unserem Verlag, beziehungsweise einem unserer Fräuleins
freundlich überlassen haben*. Die Sache stellt sich nun so dar:
Die Karten Nummer 13 und 14 an der Seite links sollten durch
das Konzerthaus sofort ausgeschaltet und als ständige Sitze
für Arzt und Polizeikommissär reserviert werden. Das ist dies-
mal nicht geschehen, sondern es sind die Karten eben Ihnen
reserviert worden. Ihre fixe Meinung, dass der Fehler auf unserer
Seite sein müsse und von uns doppelte Karten ausgegeben worden
seien, hat Sie auch veranlasst den Saalinspektor anzuweisen
die Doppelkarten aufzubewahren. Wenn das Wort Doppelkarte
nicht die Bedeutung von 2 nebeneinanderliegenden Sitzkarten
hat, die den Inhabern der Karten in der zweiten Abteilung der ?
Vorlesung vom Saaldiener abgenommen wurden, so würde uns die
Vorweisung dieser Duplikatkarten (Sie schreiben 4 Doppelkarten)
in beiden Exemplaren natürlich sehr interessieren. Diese
Vorweisung dürfte jedoch dem Saalinspektor, aus vorgenannten
Gründen, unmöglich sein. Es wäre uns ja bedeutend angenehmer,
wenn diese Karten fürderhin durch die Hoftheaterdruckerei
hergestellt würden, bei welcher wahrscheinlich ein solcher
ärgerniserregender Vorfall a priori unmöglich ist. Zumindest
jedoch würde, käme es trotzdem vor, Ihnen die Aufregung über
das Aergernis erspart bleiben.
Es zeigt sich eben, dass Fehler nicht ausschliesslich
bei uns gemacht werden, was immerhin für uns ein Trost ist.
Mit dem Konzerthaus wurde schon darüber gesprochen.
Bestens grüßend
Jahoda

**Von einem beträchtlichen
Aufsehen war keine Spur
wahrzunehmen.

*Arzt und Polizeikommissär kommen, nach Aussage des Herrn
Czizek, immer ohne Karten in den Saal.