Jacobsohn, Siegfried: Brief an Karl Kraus. Charlottenburg, 25.3.1918
Die Schaubühne
Herausgeber: Siegfried Jacobsohn
Redaktion
Charlottenburg, den 25. März 1918
Dernburgstrasse 25
Fernsprecher: Wilhelm 1943
Sehr verehrter Herr Kraus,
ich danke für Telegramm und Brief und habe nun mit dem Klindworth=Scharwenka -
Saal die bindende Vereinbarung getroffen, daß die vier Vorlesungen stattfinden:
Sonntag am 5. Mai um Zwölf, am darauffolgenden Montag, Dienstag und Mittwoch
jeweils um sieben Uhr. Wenn mir die Abschreiberei der einzureichenden Vorträge
erspart werden soll, muß ich um je ein zweites Exemplar der gesandten ‚Fackeln’
bitten, da die Zensur zwei Exemplare verlangt; es waren die Nummern 406 bis
473, mit Ausnahme der Nummern 445 bis 453. Die Auswahl werde ich dann also
selber treffen. Jn dem Brief des Verlags heißt es, daß die Tagespresse nicht
geladen werden soll. Selbstverständlich. Aber soll auch nicht in der Tagespresse
inseriert werden? Das würde ich doch für wünschenswert halten. Wenn die Jn =
serierung früh genug beginnt, ist vielleicht die Plakatierung zu ersparen. Für
die Klavierbegleitung werde ich sorgen. Die Durchführung der Vorlesungen ist
ohne Weiteres möglich. Jch selbst glaube nichts dabei zu riskieren; wenn aber,
so ist dieser gehäufte Genuß, an den ich nach solchem Winter gar nicht mehr
geglaubt hatte, jedes Risiko wert. Sofern sich übrigens die Situation seit dem
Vorjahr geändert hat, hat sie sich zu unserm Gunsten geändert. Die Firma ist
schrankenlos siegreich und kann so kleine Störungen ihres Geschäftsbetriebs
lächelnd ertragen. Die gewünschte Nummer der ‚Schaubühne’ geht gleichzeitig ab.
Mit herzlichen Grüßen
Jhr
Siegfried Jacobsohn