Jacobsohn, Siegfried: Brief an Karl Kraus. Charlottenburg, 18.3.1918
Die Schaubühne
Herausgeber: Siegfried Jacobsohn
Redaktion
Charlottenburg, den 18. März 1918.
Dernburgstrasse 25
Fernsprecher: Wilhelm 1943
Sehr verehrter Herr Kraus,
heute sind zwölf Hefte der ,Fackel gekommen. Jch vermute, daß das Material für
die vier Abende ist. Aber was soll damit geschehen? Soll ich heraussuchen, was
einzureichen ist? Oder werden Sie - was besser wäre - mir darüber Angaben machen,
und soll ich dann die Stücke für die Zensur abschreiben lassen ? Jch bitte Sie,
mir das zu sagen, wie überhaupt Verhaltensmaßregeln zu geben. Was zu geschehen
hat, weiß ich zur Not; aber wovon Sie wünschen, daß es unterlassen wird, das müßten
Sie schon ein bißchen genauer formulieren. Jst Essigmann noch in Berlin ? Dann
könnte ich mich einmal mit dem besprechen. Daß die ,Schaubühne´ von Anfang April
bis Anfang Mai die Abende inseriert, ist Jhnen hoffentlich recht. Jch hätte dafür
aber gern den Text, den mir vielleicht Jhr Verlag schickt. Haben Sie für die Ein=
trittspreise bestimmte Vorschriften? Die Miete ( mit Beleuchtung und Bedienung)
beträgt für jeden Abend hundertfünfzig Mark. Jst der Ertrag aller vier Abende
für Kriegsblinde bestimmt ? Und sind das die oesterreichischen Kriegsblinden?
Außer den Jnseraten in der ,Schaubühne´ und einem Hinweis von mir auf den Zyklus
brächte ich vorher gern eine Charakteristik des Vorlesers K.K. aus irgendeiner
alten ,Fackel´. Unter den Kritiken Jhrer Tourneen waren manchmal außerordentlich
anschauliche Schilderungen. Wenn Sie eine besonders wertvolle wissen, so teilen
Sie mir einfach die Nummer mit, die ich mir dann aus meinem Bestand heraussuche.
Jch erinnere mich zum Beispiel an einen Artikel der Karin Michaelis. Jst der für
unsern Zweck brauchbar oder gibts bessere? Und wie ist es mit dem Musiker für
zwei Abende? Sie telegraphierten, daß er beschafft werden müßte, während Frau
Schach mir bestellte, daß Sie ihn mitbringen. Was ist Wahrheit ?