Kienzl, Hermann: Brief an Wilhelm Kienzl. Wilmersdorf bei Berlin, 7.2.1928
Berlin Wilmersdf Berlinerstr 10 7. Februar 1928
Lieber Gulian! Ich bin zu Hause. Nach
5 Wochen Krankenhaus und einem langen, langen
Spaziergang am - anderen Ufer. Aber jetzt
ist mir um nichts besser. Glaub auch nicht, daß
ich nochmals einer von Euch werde. Meine
Beine sind dü[rrer] wie Sprüßel, ich gehe auf
Krücken und werde getragen, weiß kaum wo
rechts und links ist. Schmerzen, überall Schmerzen.
Nur mit Betäubungsmitteln zu ertragen. Keine
Möglichkeit, zu lesen, und dieser Brief ist eine
schwere Aufgabe. Dir wollt ich schreiben und
nochmals danken. Wie es mit mir weiter
gehen wird, weiß ich nicht. An Verdienen
ist nicht zu denken. Eine Krankenschwester pflegt
mich. Ich erliege fast den Sorgen. Lieber Gulian,
freue Dich des Lebens! Meines wäre gerne,
gerne ausgelitten. So viel Arbeit getan -
für solchen Lohn! War doch immer redlich. Was
nützt das Klagen? Da Du nicht kommen