Kienzl, Wilhelm: Brief an Nina Kienzl. Bad Aussee, 6.8.1915
Liebe Mama! Bad Aussee, „Wasner”, 6. VIII 1915.
Sei nicht bös', dass ich Deinen lieben Brief vom 27. Juli noch
nicht beantwortet habe - aber ich war in jeder Hinsicht
sehr in Anspruch genommen. An meiner Oper bin ich sehr
fleissig, damit ich eventuell noch im 2. Teil der kommenden
Spielzeit damit heraus kommen kann. - Musik wird viel ge-
macht. - Das Wetter war in der letzten Zeit elend (Regen u. Kälte).
Eine kl. Operation habe ich hinter mir: Dr. Jungh operirte
mir ein schon seit Monaten eiterndes Ballgeschwülstchen
unter der rechten Schläfe. Nun ist alles völlig vorbei.
Kurt schrieb mir eine Feldpostkarte aus Galizien. Ich ant-
wortete ihm natürlich. Auch an Emma schrieb ich einige
tröstende teilnehmende Zeilen. Warschau gefallen, die
drittgrößte Stadt Russlands! Ist das nicht kolossal,
nicht herrlich u. ermutigend? - Die Kgl. Bibliothek in
Berlin erbat von mir für ihre Musik=Autografenabteilung