Kralik, Richard: Brief an Hermann Bahr. o.O., 4.9.1918
4. Sept. 1918
Lieber verehrter Hermann Bahr!
Das grenzt ja beinahe ans Wunderbare
und Unbegreifliche! Ich war immer fest zu Hause, um so sicherer,
da ich gerade in diesen letzten Tagen etwas unwohl war.
Mein Haus ist auch voll von dienstbaren Geistern, die elektrische
Klingel funktioniert. Es war also eine ganz besondere Fügung
des Schicksals, daß Ihr freundlicher Besuch ergebnislos
blieb, wenigstens nach der äußeren Seite. Innerlich hat er
vielleicht um so stärker stattgefunden, denn Sie können
sich denken, daß auch ich in diesen Tagen innig Ihrer
gedacht habe. Ihr Brief kam erst heute und in
einem auch nicht gewöhnlichen Zustand an. Und gestern
hab ich mir etwas von Ihnen durch meine Frau vorlesen
lassen und wir haben abends manches darüber ge-
sprochen. Ich war, wie gesagt, nicht recht wohl und auch seelisch
etwas ausgetrocknet, da ist mir Ihre Zuschrift wie ein
labender Trunk gekommen und hat mich wieder