Lehár, Franz: Brief an Hugo Wittmann. Wien, 8.4.1918
FRANZ LEHÁR WIEN, VI. THEOBALDGASSE 16
8/4. 918.
Hochverehrter Herr Doctor!
Es ist der Traum meines Lebens, einmal mit Ihnen
an die Arbeit eines musikalischen Werkes zu gehen. Ich sage
absichtlich nicht „Operette" da der Titel wirklich Nebensache ist.
Durch Herrn Chefredakteur Julius Bauer habe ich das Textbuch:
,Guten Morgen, Frau Gräfin' zugesendet erhalten.
Ich hab das Buch wohl 10 mal aufmerksam durchgelesen, kann
mich aber für den Stoff nicht erwärmen. Meine Musik ist dazu
zu schwer - zu warmblütig. Ich brauche wirkliche Menschen mit
all ihren Freuden u. Leiden auf der Bühne. Packen muß es mich,
dann fällt mir die richtige Musik ein.
Nicht wahr, Sie sind mir nicht böse?
Vielleicht findet sich doch der richtige Stoff für mich.
Jetzt kennen Sie meine Musik genau, ich bin ja so glücklich,
dass Sie sich die „Lerche” angehört haben.
In aufrichtiger Verehrung Ihr
ergebener
LehárFr