Lempruch, Moritz Erwin von: Brief an Karl Kraus. o.O., 3.2.1917
[Bleistift, andere Hand:] 3. II. 17
Hochverehrter, lieber Herr Kraus; mein
Freund; wie bin ich glücklich, daß Sie mich
so nennen und daß auch ich dieses innige und
so schwerwiegende Wort gebrauchen darf!
Ich danke Ihnen herzlichst für Ihre lieben
Zeilen, muß Ihnen aber leider sagen, daß
ich gar keine Aussicht habe, Ende dieses
oder Anfang des nächsten Monates nach
Innsbruck kommen zu können. Ich strafe
derzeit das Sprüchwort, daß Niemand
unentbehrlich ist, tatsächlich lügen. Auf meinen
Schultern lastet gerade jetzt eine ganz
ungeheure Verantwortung, der ich mich
keine Stunde lang entziehen kann. Das
Schloß des Einbruchstores, das ich hier zu ver-
teidigen habe, ist fest versperrt, der Schlüssel,