Liebenwein, Maximilian: Brief an Unbekannt. Im Felde, 12.5.1918
Im Felde, am 12. Mai 1918.
Lieber Kamerad! In aller Eile danke ich Dir auf einem
Blatte meines Abreißblockes für Deinen l. Brief.
Ich bin jetzt in der Ukraine, sehr weit im Osten, in
der Stadt Ch. an der Mündung des Dniepr; Es ist sehr
hübsch und interessant hier, ein großer Hafen mit viel
hundert Masten und Schloten, viele schöne orthodoxe
Kirchen, allerlei Fuhrwerk und allerlei Volk ist zu
sehen. Leider habe ich nicht viel davon, denn
ich bin ziemlich eingeklemmt durch den Dienst.
Ich habe als Adjutant viel zu thun und bin voll-
kommen gebunden an die Person Sr. Excellenz, kann
also höchstens mit dem kleinen Skizzenbuch in
einer freien Minute etwas erschnappen. Dazu
Wanzen im Zimmer, spät schlafengehen und sehr
früh aufstehen, denn am Morgen muss ich die Pferde
Sr. Excellenz reiten. Für meine eigenen bleibt mir
keine Zeit, das macht mein Wachtmeister. Zum
Glück haben Mann und Ross hier genug zu
fressen und die armen verhungerten Pferde erholen
sich sichtlich. - Der bessere Theil der Bevölkerung
ist froh, dass wir hier sind und der Bolschewiken-
herrschaft ein jähes Ende bereitet haben. Anfang
Mai haben wir offiziell in der Kathedrale die
russische Osterfeier mitgemacht, einen höchst