Liegler, Leopold: Brief an Franz Staude. Wien, 18.8.1927
Wien 18. VIII 27
Lieber Staude!
Du schweigst auf bedenkliche Weise Dich aus und ich
bin um Unklaren darüber, ob ich dran schuld bin, ob es
nur Laune von Dir ist, oder ob Dich äußerliche Dinge
abhalten mich wieder einmal aufzusuchen.
Wir waren den ganzen Sommer über in Ragusa
und ich habe Dir nach Klosterneuburg eine Ansichts-
karte geschickt, aber eine Antwort blieb aus. Nun
kann ich mich dunkel erinnern, daß Du (nicht ich)
bei unserem letzten Zusammensein die Bemerkung
machtest, wir hätten große politische Differenzen
festgestellt, Du gingst auch in einer Weise weg als
würdest Du bereuen, Dich mit mir in eine solche
Debatte eingelassen zu haben.
Ich bin zwar der Meinung, daß es nicht gleich-
gültig ist, wie man politisch eingestellt ist, aber
wir zwei kennen uns doch zu gut und haben
jenseits der Politik noch genug Gemeinsames,