Mayer, Erich August: Brief an Wilhelm Kienzl. Wien, 17.1.1932
Dr. Erich
August
Mayer Wien 13/St.=Veitgasse 12/Fernruf R 34=0=32
17./1. 32
Hochverehrter Meister Kienzl!
Noch ganz unter dem Eindruck des herrlichen
Abends in der Oper schreibe ich Ihnen diese Zeilen.
Sie werden sich vielleicht dessen erinnern, daß ich Ihnen
vor etwa 3 oder 4 Jahren nach einer „Evangelimann”-
Aufführung geschrieben habe, wie sehr mich das Werk in
seiner holden Natürlichkeit ergriffen hat. Auch gestern
waren ich und meine Mutter, die auch bei der Kienzl-
Feier nicht fehlen wollte, ganz hingerissen und beglück-
wünschen Sie von ganzem Herzen zu dem ewig jungen
Werk, das uns tief gerührt hat. Wie schön hat übrigens
Graarud gespielt! Es war schon spielerisch eine an der
Oper ungewöhnliche Leistung!
Wie freue ich mich nun auf den „Kuhreigen”. Ich
habe ihn seinerzeit noch an der Volksoper gesehen, (wenn
ich nicht sehr irre mit der Jeritza) und bewahre die
Erinnerung daran mit vieler Freude.
Meine allerherzlichsten Wünsche sind Ihnen ja
schon mit meinem Büchlein zugegangen, das ich Ihnen
anläßlich des 75. zu überreichen mir erlaubte.
Heute wiederhole ich sie nochmals, lieber, verehrter
Meister Kienzl.
Ihr warm und herzlich ergebener
Dr Mayer