Meder, Joseph: Brief an Artaria und Compagnie. Mariazell, 20.6.1927
Mariazell 20/VI 27
Rohrbacherhof.
Lieber Herr Artaria!
Sie verzeihen meine Verzögerung, Ihr freundschaftliches
Schreiben erst nach Ablauf von 11 Tagen beantwortet zu
haben. Sie sprachen sich darin so gütig u nachsichtig
aus u sahen mir dabei so in die Seele, daß es mir nicht
ganz leicht fällt, die entsprechende Antwort zu finden,
geschweige denn den gebührenden Dank, den ich Ihnen
schulde für Ihr Wohlwollen, meinen 70. Geburtstag der
Kunstwelt recht nahezulegen.
Ja ja, Poldi hat aus der Schule geschwätzt u hinterher einige Hin-
weise gegeben, was Sie alles für mich getan haben.
Das scheint auch seine Wirkungen gehabt zu haben,
denn in die stille Zurückgezogenheit von Mariazell
flutete eine Postsendung nach der andern. Und in die
Haizingergasse kamen Blumen- u Weinkörbe, Bücher
u Mappen, Zeichnungen u. Radierungen.
Das war der stille Siebziger, der unbemerkt wie eine
graue Wolke vorübergehen sollte!
Ich sehe Sie, werter Herr Artaria, im Geiste vor mir, aber
schmunzelnd, über das Gelingen Ihres Planes, fast
hätte ich gesagt: Streiches.
Es gab so viel der offiziellen u hohen u höchsten
Schreiben, daß mir sehr daran lag, dieselben noch
rechtzeitig zu erledigen, was in dem schönen Maria-
zell, das auch herrliche Tage brachte, viel Sonne, blaue