Millenkovich-Morold, Max von: Brief an Franz Karl Ginzkey. Wien, 1.3.1932
Wien 4., Johann-Strauß-Gasse 6, am 1. März 1932.
Hochgeehrter Freund ! Lieber Herr Doktor !
Es war ein sehr nüchterner Grund, der mich verhinderte,
an Ihrer Ehrung in der Wiener Universität teilzunehmen: ich mußte
zum Zahnarzt. Seine Hilfe ließ sich umso weniger aufschieben, als
ich am nächsten Tag verreisen sollte. Sie haben wohl nie daran ge-
zweifelt, falls ich Ihnen überhaupt gefehlt habe, daß ich nicht
kommen konnte und daß ich im Geiste mit herzlicher Anteilnahme der
Feier beigewohnt habe. Da ich es nun aber leider versäumen mußte,
Sie persönlich zu begrüßen und Ihnen wärmstens die Hand zu drücken,
so will ich doch nicht unterlassen, Ihnen mit diesen Zeilen zu
sagen, wie sehr ich mich mit Ihnen gefreut habe, wie glücklich ich
war und bin, weil ich erleben durfte, daß Sie für Ihr edles Wirken
von der Wiener Universität in so schöner Weise ausgezeichnet wur-
den und daß alle heimattreuen Österreicher dadurch in ihrem Wollen
und Streben ermuntert und bekräftigt worden sind, wofür sie wieder
Ihnen danken müssen. Da ziehen nun auch alle die Jahre an mir vor-
über, in denen ich nicht nur Ihr geistiges Wirken, sondern auch
Ihren Umgang und Ihre Freundschaft genießen durfte, bis zurück in
die Jünglingszeit, in der unsere Väter in Görz einander treu verbun-
den waren. Bewahren Sie mir auch fernerhin Ihre freundschaftliche
Gesinnung ! Immer wieder, wenn ich zufällig mit Ihnen zusammentreffe,
so wie das letzte Mal beim "Bergland", fällt es mir schwer aufs Herz,
daß wir infolge der räumlichen Trennung,und da ich fast nie nach
Salzburg komme, nicht mehr so eng zusammengehören wie früher. Viel-