Gries, 19. März 1914
Lieber Freund:
ich schreibe Ihnen, erstens, weil Alfons wieder ein wenig Blut spuckt und sich so viel wie
möglich schonen muß, zweitens weil ich heute etwas von Ihnen will.
Lesen Sie bitte, beifolgenden Brief der der 5te einer Serie ist zum Schlusse, er ist
nur ein Beleg. Ich geh' gleich los zur Sache: Die Schwester meines Mannes hat
sich ein Weißwarengeschäft aufgemacht, hat daher Zahlungen, die sie aber nicht ein-
halten kann und will sich von uns Geld leihen. Trotzdem Ihr Alf. des öfteren
versicherte, daß wir nichts zu leihen hätten - läßt sie uns dennoch nicht locker.
Da man nun aber den Menschen helfen soll - wie ja auch uns geholfen wurde
so wollten wir also doch die verlangten 200 Kr irgendwie beschaffen und
dachten an irgend eine Stiftung, deren Termine fällig werden
Würden Sie uns lieber Freund bis eben zu diesen Terminen die 200 Kr leihen?
An Prof. Reich, der das Geld d. Unbekannten in Händen hält, will ich
nicht schreiben, denn er würde mit Recht ungehalten sein -
Wir hoffen ja, daß in den allernächsten Wochen irgend ein Stipendium, das
ja jedes Jahr kam, fällig wird, davon beglichen wir die Sache sofort.
Lieber Freund - sagen Sie ruhig nein - wenn Sie nicht wollen oder
können! Ich bitte Sie ja nur deshalb um der einzigen Verwandten
meines Mannes nicht ungefällig sein zu müssen; auch sind 200 Kr
für uns noch immer viel Geld, daß wir es begreifen, wenn ein andrer
diese Summe nicht geben mag. Wir könnten dann eben nichts
andres tun, als dieses „nein“ weiterzusagen.
Nun was andres! Wie ich eben durchlese, sehe ich, daß mir Geld=
leihen nicht geläufig ist. Ich schäme mich beim Schreiben und das
fühlt man.
Lieber Freund:
ich schreibe Ihnen, erstens, weil Alfons wieder ein wenig Blut spuckt und sich so viel wie
möglich schonen muß, zweitens weil ich heute etwas von Ihnen will.
Lesen Sie bitte, beifolgenden Brief der der 5te einer Serie ist zum Schlusse, er ist
nur ein Beleg. Ich geh' gleich los zur Sache: Die Schwester meines Mannes hat
sich ein Weißwarengeschäft aufgemacht, hat daher Zahlungen, die sie aber nicht ein-
halten kann und will sich von uns Geld leihen. Trotzdem Ihr Alf. des öfteren
versicherte, daß wir nichts zu leihen hätten - läßt sie uns dennoch nicht locker.
Da man nun aber den Menschen helfen soll - wie ja auch uns geholfen wurde
so wollten wir also doch die verlangten 200 Kr irgendwie beschaffen und
dachten an irgend eine Stiftung, deren Termine fällig werden
Würden Sie uns lieber Freund bis eben zu diesen Terminen die 200 Kr leihen?
An Prof. Reich, der das Geld d. Unbekannten in Händen hält, will ich
nicht schreiben, denn er würde mit Recht ungehalten sein -
Wir hoffen ja, daß in den allernächsten Wochen irgend ein Stipendium, das
ja jedes Jahr kam, fällig wird, davon beglichen wir die Sache sofort.
Lieber Freund - sagen Sie ruhig nein - wenn Sie nicht wollen oder
können! Ich bitte Sie ja nur deshalb um der einzigen Verwandten
meines Mannes nicht ungefällig sein zu müssen; auch sind 200 Kr
für uns noch immer viel Geld, daß wir es begreifen, wenn ein andrer
diese Summe nicht geben mag. Wir könnten dann eben nichts
andres tun, als dieses „nein“ weiterzusagen.
Nun was andres! Wie ich eben durchlese, sehe ich, daß mir Geld=
leihen nicht geläufig ist. Ich schäme mich beim Schreiben und das
fühlt man.