Ratzenhofer, Gustav: Brief an Emmerich Prettenhofer. Wien, 20.3.1914
Wien am 20./III 14
Sehr geehrter Herr Landesgerichtsrat!
Die verschiedenen Angriffe, denen ich in letzter Zeit
ausgesetzt waren, haben mir viele bittere Stunden
bereitet, zumal ich mich unter den Richtern ganz ver=
einsamt fühlte. Schließlich hat jedoch gerade der Um=
stand, daß man soweit gieng mich auszuschließen,
die Freunde eines offenen Wortes veranlaßt aus
ihrer Reserve zu treten und ihre Meinung über die
Tyrannei der Phrase zu sagen.
Ich sage für Ihre freundlichen Worte, die mir
wahrhaft wohl taten, meinen besten Dank. Er kommt
so spät, weil ich Ihre Karte mit beträchtlicher Verspä=
tung erhielt.
In ausgezeichneter Hochachtung
ergebenst
Dr Ratzenhofer
[seitlich links, in Bleistift:]
Berufl. Zwistigkeit in Juristenkreisen