Rieger, Erwin: Brief an Arthur Roessler. Salzburg, 17.10.1921
ERWIN RIEGER
Lieber, verehrter Herr Rössler,
Ihr Brief ist mir auf's Herz gefallen. Der Stoß sitzt. Ich bin um
den geringen Rest Selbstbewußtsein gekommen, der mir noch blieb.
Wie lächerlich muß Ihnen mein letzter Brief vorgekommen sein,
der sich mit dem Ihren kreuzte!
Ich bin natürlich gern bereit, zu ändern, was Sie für nötig
halten. Ich will auch nicht das Resultat meiner Arbeit verteidi=
gen - das steht mir vielleicht nicht zu; aber meine Arbeit im
technischen Sinne. Darum sende ich Ihnen meine Vorarbeiten, die
ich Sie zu vernichten bitte. Ein Blick in diese Blätter wird Ihnen
beweisen, das die Übersetzung von mir ist, dasz sie nicht hinge=
schleudert wurde, daß ich mir dabei alle Mühe nahm, die ich
mir bei allen Arbeiten für den Avalunverlag um meinet- und
Ihretwillen gab. Wenn mir diese Übersetzung also wirklich miß=
lang, so ist nicht mangelnder Eifer, sondern Unfähigkeit daran
Schuld. Oder könnte es nicht sein, daß Sie sie mit, durch irgend
ein Äußerliches getrübten Augen lasen?
Es wird jetzt wohl schon so sein, daß ich auch die „Rache einer
Frau” werde verbessern müssen. Ich begreife das psychologisch so gut.
Wo einmal Mißtrauen rege ist, da ist alles verloren. Von Herrn Brüll
will ich nicht sprechen, denn was kann mir schließlich (abgesehen