Roller, Alfred: Brief an Arthur Roessler. o.O., 18.6.1919
HOFRAT ALFRED ROLLER
Wien, I., Stubenring 3.
18. 6. 19.
Sehr geehrter Herr,
Anbei die Mappe mit den Arbeiten des
Dr. L. zurück. Was an denselben bemerkenswert ist
kann an unserer (und wol auch an einer anderen) Schule
nicht entwickelt werden. Ob sonstige Qualitäten vorhanden
sind, die hier den geeigneten Nährboden fänden lässt sich
nich beurteilen. Ich vermute: nein. Dr. L. würde also hier
eher verkümmern als gefördert werden. Zumindest besteht
starke Gefahr dafür. Meines Erachtens müßte er, wenn er
sein Leben auf diese Tätigkeit stellen will, sich sofort die
Kenntnis der verschiedenen grafischen Techniken erwerben
(am besten an der Grafischen Lehr- und Versuchsanstalt,
VI. Westbahnstraße) um seine Visionen dann mit
Hilfe derselben gestalten zu können. Dies meine Privat-
-meinung. Übrigens steht es ihm wie Jedermann
frei am 1. Juli zur Aufnahmsprüfung zu erscheinen
und seine Arbeiten unserer Kommission vorzulegen.
Diese werde dann unabhängig von mir ihre Meinung
aussprechen. „Freiplätze” giebt es hier nicht.
Befreiung von Schulgeld kann erfolgen. Später
auch Stipendierung. Alles Nähere am Schwarzen Brett
und in der Direktionskanzlei. - Mit den besten
Grüßen Ihr ergebener
ARoller