Simons, Rainer: Brief von Rainer Simons an Rudolf Weirich. Rottach-Egern, 15.2.1919
GEHEIMER HOFRAT RAINER SIMONS
Post: Rottach-Egern, Bahnst. Tegernsee
Villa Seeschlößl; Telephon: 42.
Den 15. II 19.
Lieber Herr Dr.!
Wenn Sie mir „manchesmal fachlich Unrecht getan
haben”, so war dies Ihr gutes Recht. Denn so gut ich als
Leiter eines Unternehmens genötigt sein kann im
Interesse des Ganzen die Interessen eines Einzelnen
zu verletzen, so gut ist es Ihr Recht, sich dagegen zu wehren.
Entscheidend ist dann nur, ob unlautere oder un-
künstlerische Motive für mein Verhalten maßgebend
waren. Ist das nicht der Fall, so war dieses richtig. Aber,
lieber Freund, machen Sie Sich darüber keine Ge-
danken. Trotz eifrigsten Nachdenkens kann ich mich
auf keinen Fall besinnen, in dem Sie mir Unrecht
gegeben hätten. Entweder ist es meine - vielleicht
einzige - Tugend, daß ich rasch vergesse, die mich vor
einer Ungerechtigkeit, Ihnen etwas nachzutragen, be-
wahrt hat, oder aber Sie haben Ihren Groll so für
Sich behalten, daß ich nichts davon gemerkt habe.
Sie werden von mir aber wol nie bemerkt haben,
daß ich die Gedankenfreiheit geknebelt hätte? Item,
es ist kein bitterer Nachgeschmack bei dem Gedan-
ken an meinen lieben und so tüchtigen Mitar-