Berg, Alban: Brief an Erich Kleiber. Waldhaus/Wörthersee, 8.3.1934
Es ist mir wohl bewusst, daß ich Dir mit der Entfernung die-
ser Partitur, die Du so liebst wie Keiner und - lass es
mich glauben: vielleicht wie keine,...daß ich Dir also
mit der Entfernung dieser Partitur aus Deiner Reichweite,
selbst wenn es niemehr dazu gekommen wäre, daß Du Dich
ihrer dirigierend bedienst, einen Schmerz bereite. Glaub'
mir, mein Lieber, er kann nicht größer sein, als meiner
, es tun zu müssen !
Und nun (indem ich mich diesem Gefühlsstandpunkt entreiße)
wieder zum Praktischen: Kannst Du mir gleichzeitig mit
der Beantwortung umstehender Fragen kurz Deine Meinung
sagen über den Preis von 1000 Dollar, den man mir dafür
bietet,und zu dem ich nur: ja zu sagen brauchte!
Er scheint mir - unter uns gesagt - etwas nieder. Zumin-
destens hätte ich zur Zeit der Philadelphiaer „Triumpfe”
sicher mehr bekommen, und vor allem: der Dollar war damals
fast zweimal soviel wert ! Oder meinst Du, der Du die Ver-
hältnisse in den USA so genau kennst, wie ich die von -
Klagenfurt, daß dieses Anbot - eben in Anbetracht der
Pleite allüberall - annehmbar ist ?!
Deine Antwort, die ich möglichst bald erbitte, kann Gott
sei Dank kürzer sein als mein Brief. Daß der so lang aus-
fiel, wirst Du aber wohl begreiflich und berechtigt fin-
den, wie hoffentlich auch die ganze Aktion, zu der sich
leider entschließen mußte
Dein altgetreuer
Berg.
Vielleicht bist Du am Abend des 14.d.M. frei; dann hör'
Dir der Kuriosität halber den ganzen Wozzeck aus London
an (BBC), der auch von Genf (Sottens) übernommen und über-
tragen wird.
Alles Liebe von uns Euch Vieren !