Berg, Alban: Brief an Erich Kleiber. Wien, 9.11.1928
Alban Berg, Wien, XIII.
Trauttmansdorffgasse 27
9.11.28
Mein lieber Freund, wir danken Dir und Deiner
lieben Frau vielmals für die zugesandten Re-
zensionen. Beiliegend eine andere, für deren
Erledigung durch mich Du wohl viel Verständ-
nis haben wirst.
Indessen habe ich auch die diversesten Stel-
lungnahmen zu der Leistung der Prager „Marie”,
Frau Wessela, in Erfahrung gebracht und ich
glaube,daß als Resumé eines Urteils über sie
- abgesehen von dem großen Lampenfieber im
ersten Akt ihres ersten Auftretens in Berlin -,
wo sie ja sogar vergessen hat zu singen: „Sol-
daten, etz. .” - daß sie durch ihre čechische
Urwüchsigkeit, die sich im Prager Ensemble na-
türlich sehr bewährt hat, in den viel nobleren
Stil der Berliner Staatsoper nicht hinein passt,
daß sie aber die Partie doch viel mehr und auch
größtenteils schöner gesungen) hat als
die Johannsen. Allerdings: Das Auslassen bzw.
Falschsingen der hohen Töne im Wiegenlied und in
)was ja sogar alle Kritiker konstatieren - u. einige sogar bemängeln!